Mittwoch, 8. Juli 2009

Wann ist Arbeit sinnlos?

Oft wird darüber geklagt, dass Arbeit sinnlos sei, dass man sich die Zeit hätte sparen können, dass man die Zeit anstatt für etwas Sinnvolleres hätte verwenden können. Oft bin ich selbst in Diskussionen verstrickt, in denen es darum geht, ob etwas sinnvoll ist oder nicht. Oft ärgere ich mich darüber, an etwas gearbeitet zu haben, dass sich später als sinnlos herausstellt.

Nun lässt sich dieses Thema philosophisch erschließen und in diesem Rahmen auch verallgemeinern. Doch möchte ich mich hier nicht der Analyse eines objektiven Sinnbegriffs oder der allgemeinen Frage nach dem Sinn widmen, sondern beim Thema bleiben, wann Arbeit sinnlos ist.

Als Schüler habe ich in den Sommerferien in einer Fabrik gearbeitet und im Dreischichtbetrieb Metallteile bearbeitet. Es war eine anstrengende und monotone Arbeit, in jedem Takt vier Teile auf die Maschine zu legen, die Maschine zu aktivieren, kurz zu warten bis der Vorgang beendet war und die vier Teile wieder zu entnehmen. Neben meinem Arbeitsplatz war eine Maschine, die den gesamten Vorgang vollautomatisch durchgeführt hat. Dabei hat sie nicht nur vier sondern sechs Teile pro Takt bearbeitet und die Taktzeit war kürzer. Meine Arbeit habe ich als sinnlos empfunden, da alles hätte ohne mich funktioniert hätte, wenn man eine zweite vollautomatische Maschine verwendet hätte und ich hätte nicht mit verspannter und überlasteter Muskulatur schwitzen müssen. Andererseits war der Zweck der Ferienarbeit Geld zu verdienen und ich habe diesen Zweck erfüllt und Geld verdient. Damit war ein objektiver Sinn vorhanden. Trotzdem habe ich mein Tagewerk als relativ sinnlos betrachtet.

Nach dem Abitur musste ich zur Bundeswehr. Ein komplett sinnloses Jahr, dass ich lediglich absolviert habe, weil es als meine Pflicht als Staatsbürger angesehen habe. Doch aus dieser Zeit sind mir sehr viele Erinnerungen geblieben und es war eines der intensivsten Jahre meines Lebens, in dem viele Dinge passiert sind, die ich sonst wahrscheinlich nie erlebt hätte.

Wenn wir uns während des Studiums die Zähne an einer scheinbar unlösbaren Aufgabe ausgebissen haben, kam oft die Frage auf, warum wir das überhaupt tun. Diese Dinge werden wir später nie brauchen. Mathematik wäre für unsere berufliche Laufbahn vermutlich kaum relevant und damit waren wir bei der Sinnfrage. Die Antwort war immer die gleiche: "Frage nicht nach dem Sinn, sonst kommst Du nie durch. Mache es einfach." Wo war der Sinn in den vielen Stunden und Tagen an denen ich mathematische Behauptungen bewiesen oder widerlegt habe? Denn tatsächlich hat es bisher in meiner Arbeit keine ähnlichen Aufgaben gegeben. Ich tröste mich damit, dass diese Aufgaben mir die Angst vor schwierigen Problemen genommen haben und mir die Fähigkeit zur systematischen Bearbeitung komplexer Aufgabenstellungen gegeben hat. Trotzem wiegen in meiner persönlichen Bilanz diese Punkt nicht so schwer, dass sie den Sinn der Aufgaben aus dem Studium wirklich untermauern. Letztendlich hat mir das Studium zu einem Diplom verholfen, welches mir den beruflichen Weg erleichtert hat.

während des Studiums haben wir die Frage nach dem Sinn verschoben. Was an unseren Studieninhalten sinnvoll und was sinnlos wäre haben wir nicht diskutiert. Nach dem Studium und nach dem Einstieg ins Berufsleben, brauchte ich einige Zeit, um mich neu zu orientieren und während dieser Zeit stellten sich mir keine Sinnfragen. Neue Aufgaben, neue Stadt, neue Freunde und ein anderes Leben benötigten meine gesamte Aufmerksamkeit. Nach einiger Zeit kehrte genügend Ruhe für die lang verschobene Frage nach dem Sinn ein. Im Studium hatte ich geglaubt, dass bei jeder professionellen Betätigung, die ja von irgendjemandem bezahlt wird, ein gewisser Sinn sofort ersichtlich wäre. Schließlich gibt jemand Geld aus und erwartet eine Gegenleistung. Doch es stellte sich schnell heraus, dass das nicht so ist. Ein Universitätsstudium schützt nicht vor Arbeit, die manchmal sinnlos erscheint. Im Gegenteil! Im professionellen Bereicht (ich habe gegrade IT-Projekte vor Augen), erscheint fragwürdig, ob das fertige Werk, die Beteiligten befriedigt und sie ihre Arbeit als sinnvoll erachten. Das gleiche gilt auch für diejenigen die Geld investiert haben - war es eine sinnvolle Investition?

Nehmen wir an, es wurde ein Produkt entwickelt, dass wirklich erfolgreich ist, zum Beispiel der iPod. War es sinnvoll dieses Produkt zu entwickeln, es zu fertigen und zu vertreiben, wo die erste Generation doch zwischenzeitlich fast komplett verschrottet ist? Ja, es war sinnvoll! Erstens hat es allen den Menschen Arbeit und Lohn gegeben, die bei der Entwicklung der Fertigung und dem Vertrieb beteiligt waren und zweitens hat es die Menschen, die es erworben haben, erfreut.

Wenn ich mir die Frage stelle, ob meine Arbeit sinnvoll ist, ist die primäre Antwort, dass sie zummindest den Sinn hat, mir die notwendigen Mittel zur Bestreitung meines Lebens zur Verfügung zu stellen. Auch helfen einige Vergleiche: War es sinnvoll die Pyramiden oder die gothischen Kathedralen zu bauen? Haben die Arbeiter die diese Bauwerke errichtet haben, ihre arbeit als sinnvoll oder als sinnlos empfunden? Was entspricht diesen Bauvorhaben heute? Vielleicht die Internationale Raumstation? Ist sie sinnvoll? Da sie viel kostet ist davon auszugehen, dass sie vielen Leuten Arbeit gibt. Damit erfüllt sie einen Sinn.

Die Frage nach dem Sinn ist immernoch eine sehr schwierige Frage, aber als Fazit lässt sich zusammenfassen, dass Arbeit häufig schon dann sinnvoll ist, wenn sie bezahlt wird. Für viele unserer Tätigkeiten bekommen wir zwar kein Geld, fühlen aber trotzdem einen Sinn, weil wir etwas anderes - wie Anerkennung oder Befriedigung - als Lohn erhalten.